Ist meine Beziehung toxisch?
Fühlst du dich manchmal unsicher in deiner Beziehung und fragst dich, ob sie dir wirklich guttut? In diesem Artikel erfährst du von Joleen Böhmert, Trennungs- und Beziehungscoach für Frauen, woran du toxische Dynamiken erkennen kannst. Mit 10 einfühlsamen Fragen hilft sie dir, Klarheit zu gewinnen.
Ist meine Beziehung toxisch?
Vielleicht spürst du tief in dir, dass etwas in deiner Beziehung nicht stimmt – auch wenn du es nicht sofort benennen kannst. Aber toxisch? Ist das nicht was viel Schlimmeres als das, was in deiner Beziehung los ist?
Der Begriff „toxisch“ ist kein wissenschaftlicher Begriff. Er wird oft verwendet, um Beziehungen zu beschreiben, die mehr schaden als guttun. Damit steht „toxisch“ für Dynamiken, die emotional sehr belastend sind und die durch ein großes Ungleichgewicht in der Beziehung gekennzeichnet sind.
Wenn du dich fragst: „Ist meine Beziehung toxisch?“, gibt es kein klares wissenschaftliches Ja oder Nein. Die folgenden 10 Fragen laden dich jedoch dazu ein, mit einem liebevollen Blick auf dich selbst hinzuschauen. Sie helfen dir, deine eigene Antwort zu finden.
10 Fragen, die dir Klarheit schenken können, ob deine Beziehung toxisch ist
1. Alles war toll und ging schnell?
Vielleicht hat sich eure Beziehung am Anfang wie ein Traum angefühlt. War alles intensiv, aufregend und fast zu schön, um wahr zu sein?
Ein sehr schneller und intensiver Beziehungsbeginn könnte auf Muster wie Lovebombing oder Fast Forwarding hinweisen – Strategien, mit denen jemand dich schnell binden möchte. Hast du Sätze gehört wie: „Du bist die Liebe meines Lebens, ich wusste das von Anfang an“, oder seid ihr vielleicht sehr schnell zusammengezogen?
Wenn solch große Liebesbekundungen wie Wassertropfen auf einen trockenen Boden fallen, werden anfängliche Bedenken und Warnsignale leicht übersehen. In einer gesunden Beziehung entwickeln sich Liebe und Vertrauen dagegen mit der Zeit.
Liebevolle Reflexionsfrage: Habe ich von Anfang an auf meine Intuition gehört?
2. Fährst du emotional Achterbahn?
Gibt es in deiner Beziehung extreme Höhen und Tiefen? Diese Wechsel können emotional süchtig machen, weil die schönen Momente den Schmerz der schwierigen Zeiten überdecken.
Zieht sich dein Partner immer wieder plötzlich zurück, ohne dir zu erklären, warum? Oder folgt nach einem Streit eine Phase, in der er sich besonders liebevoll verhält, nur um dann wieder kühl zu werden. Eine gesunde Beziehung fühlt sich ruhig und wie ein sicherer Hafen an.
Liebevolle Reflexionsfrage: Wie fühle ich mich nach einem dieser Auf-und-ab-Momente? Fühle ich mich sicher und geliebt oder eher verwirrt und erschöpft?
3. Trägst du alleine die Verantwortung für die Beziehung?
Hast du das Gefühl, dass du immer diejenige bist, die Kompromisse eingeht, Probleme anspricht und sich um alles kümmert? Bist du immer die Schuldige, wenn es Streit gibt?
Dynamiken wie Guild Shifting, bei denen dir die Verantwortung für alles zugeschoben wird, sind ein Warnsignal. Zum Beispiel, wenn dein Partner sagt: „Wenn du dich anders verhalten würdest, hätten wir diese Probleme nicht“, oder wenn du dich ständig schuldig fühlst, obwohl du alles tust, um die Beziehung zu retten.
Liebevolle Reflexionsfrage: Was würde ich mir von meinem Partner wünschen, damit ich das Gefühl habe, wir tragen diese Beziehung gemeinsam?
4. Wirst du abgewertet?
Abwertung kann sich offen in Worten oder subtil in Handlungen zeigen, die dich klein fühlen lassen. Vielleicht macht dein Partner Witze auf deine Kosten, auch wenn du ihm sagst, dass sie dich verletzen, oder er nimmt sich keine Zeit für dich, weil seine Bedürfnisse immer Vorrang haben.
Entschuldigst du sein Verhalten dann mit Sätzen wie: „Er hatte einen schlechten Tag“ oder „Er hat eine schwere Kindheit gehabt“?
Eine gesunde Beziehung basiert auf gegenseitiger Wertschätzung und Empathie.
Liebevolle Reflexionsfrage: Verdiene ich nicht eine Beziehung, in der ich respektiert und wertgeschätzt werde?
5. Weißt du nicht mehr, was du glauben sollst?
Gaslighting ist ein schädliches Muster, bei dem deine Wahrnehmung und deine Gefühle infrage gestellt werden. Dein Partner sagt zum Beispiel: „Das habe ich nie gesagt, du übertreibst wieder.“ und du beginnst, an deiner Erinnerung und deinen Gefühlen zu zweifeln.
In einer gesunden Beziehung bemühen sich beide, die Wahrnehmung des anderen zu verstehen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Liebevolle Reflexionsfrage: Was sagt mir mein Bauchgefühl in Momenten, in denen ich zweifle? Was würde ich einer guten Freundin raten, die mir so etwas erzählt?
6. Werden deine Grenzen überschritten?
Grenzen sind in einer Beziehung wichtig, um sich sicher und respektiert zu fühlen. Wenn dein Partner deine klar kommunizierten Bedürfnisse ignoriert, kann das sehr belastend sein. Zum Beispiel sagst du, dass du heute Zeit für dich brauchst, aber dein Partner drängt dich, dich trotzdem zu treffen. Dein Nein wird eher als Herausforderung gesehen und nicht als etwas, das ernstgenommen werden sollte. In einer gesunden Beziehung werden Grenzen jedoch respektiert und als Ausdruck von Selbstfürsorge verstanden.
Liebevolle Reflexionsfrage: Welche Konsequenzen ziehe ich (nicht) aus solchen Grenzüberschreitungen?
7. Bist du emotional abhängig?
Belastet die Beziehung dich so sehr, dass dein Leben darunter leidet? Emotionale Abhängigkeit kann sich in körperlichen und psychischen Symptomen zeigen. Vielleicht schläfst du schlecht, verlierst den Appetit, kannst dich schlecht auf die Arbeit konzentrieren oder deine Stimmung hängt nur noch davon ab, wie es in der Beziehung gerade läuft?
Nimm diese Signale ernst – sie zeigen, dass dein Leben nicht im Gleichgewicht ist. Dein Wohlbefinden sollte an erster Stelle stehen.
Liebevolle Reflexionsfrage: Was brauche ich, um mir selbst mehr Raum zu geben?
8. Spielt Sucht eine Rolle in eurer Beziehung?
Sucht kann viele Formen annehmen, ob Alkohol, Drogen oder Glücksspiel. Auch Sport, Gaming oder Shopping können zur Sucht werden oder auch die Abhängigkeit von Dramen. Wenn dein Partner in bestimmten Situationen unberechenbar ist, wie etwa nach übermäßigem Alkoholkonsum oder Konflikte fast „benötigt“ werden, um emotionale Nähe wiederherzustellen, dann darfst du dich liebevoll fragen:
Wie oft nehme ich Rücksicht auf das Suchtverhalten meines Partners – und wie geht es mir damit?
9. Bist du leiser geworden?
Kennst du diesen Song von Lea in dem sie singt „…dass ich leiser bin, leiser, seit ich bei dir bin …“? Vielleicht traust du dich nicht mehr, deine Meinung zu sagen, weil du Streit vermeiden willst. Oder du erkennst dich selbst nicht wieder, weil du dich früher lebendiger, selbstbewusster und freier gefühlt hast.
Eine gesunde Beziehung bestärkt dich darin, deine Stimme zu erheben und zu wachsen.
Liebevolle Reflexionsfrage: Welche Wünsche oder Gedanken würde ich gerne laut aussprechen, wenn ich keine Angst hätte?
10. Liest du immer noch diesen Artikel?
Wenn du dich mit diesem Thema beschäftigst, gibt es wahrscheinlich einen Grund. Niemand googelt nach „Ist meine Beziehung toxisch?“, wenn alles in Ordnung ist. Vielleicht ist es ein leises Bauchgefühl, das dich hierhergeführt hat. Nimm es wichtig und vertraue darauf.
Liebevolle Reflexionsfrage: Was hat mich dazu bewegt, diesen Artikel zu lesen?
Mitfühlend auf dich selbst schauen – und Unterstützung holen
Diese Fragen sind keine Checkliste, um deine Beziehung zu verurteilen. Sie sollen dir helfen, hinzuschauen und deine Gefühle und Bedürfnisse liebevoll wahrzunehmen. Manchmal merken wir nämlich nicht, dass die Beziehung toxisch ist, wenn wir noch mittendrin stecken. Und auf der anderen Seite ist jede Beziehung individuell und nicht jede schwierige Phase bedeutet, dass die Beziehung toxisch ist. Entscheidend ist, welche Antwort auf die Frage „Ist meine Beziehung toxisch?“ du gefunden hast.
Wenn du dir unsicher bist, wie du weitermachen sollst, dann zögere nicht, dir Unterstützung zu suchen. Ein Beziehungscoaching kann dir helfen, deine Situation klarer zu sehen und die Schritte zu finden, die für dich richtig sind.
Über die Autorin:
Joleen Böhmert ist Trennungs- und Beziehungscoach. Sie begleitet Frauen dabei, sich in und nach schwierigen Beziehungen selbst zu stärken und gesunde Bindungen aufzubauen.
In ihrem Coaching arbeitet sie mit Empathie, Klarheit und einem tiefen Verständnis für individuelle Herausforderungen. Sie glaubt daran, dass jede Frau das Potenzial hat, sich frei und erfüllt zu fühlen – in und außerhalb von Beziehungen.
DANKE, liebe Joleen, für den tollen Artikel!